Projektinhalt

Die zentrale Frage des Projekts lautete: Führt die Arbeitsmarktkrise auch in den Großstädten der Bundesrepublik - wie es für andere europäische Länder berichtet wird - zu einer neuen gesellschaftlichen Spaltung, zum Ausschluß relevanter Bevölkerungsgruppen von den erreichten Standards des gesellschaftlichen Wohlstands und der Beteiligung am gesellschaftlichen Leben?
Es besteht die Gefahr, daß sich unter dem doppelten Druck von Arbeitsmarktkrise und Finanzknappheit der Städte Arbeitslosigkeit und Armut auch räumlich konzentrieren und dadurch in ihren sozialen Folgen verstärken. Wenn Menschen am Arbeitsmarkt keine Chance (mehr) haben und zugleich gezwungen sind, in gesellschaftlicher Isolation, sei es vereinzelt oder nur noch mit Kontakten zum engsten Familienkreis oder anderen Arbeitslosen und Benachteiligten zu leben, dann droht soziale Ausgrenzung.
Besonders kritisch stellt sich die Lage am Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik derzeit für vier Gruppen dar: für "ältere" Langzeitarbeitslose über 45 Jahre, vor allem dann, wenn sie gering qualifiziert sind oder lediglich über betriebsspezifische Qualifikationen verfügen; für arbeitslose Jugendliche ohne berufliche Qualifikation; für arbeitslose ausländische Arbeitskräfte; für die traditionellen "Problemgruppen" der Städte, langjährige oder wiederkehrende Sozialhilfeempfänger, die in besonderem Maße auf Aushilfs- und Zusatzerwerbsarbeit angewiesen sind.
Es gibt bislang in der Bundesrepublik erst wenige Untersuchungen, die der Frage nachgehen, wie sich einzelne dieser Gruppen mit drohender Ausschließung oder anhaltender Unsichererheit am Arbeitmarkt auseinandersetzen. Vergleichende Untersuchungen, die es erlauben würden, die jeweils spezifischen Erfahrungen und Auseinandersetzungsformen aufzuzeigen, liegen nicht vor. Das Forschungsprojekt setzte sich im einzelnen die folgenden Ziele:

  • durch einen Vergleich von am Arbeitsmarkt besonders gefährdeten Gruppen ein differenzierteres Bild davon zu gewinnen, wie Ausgrenzung entsteht und auf welche Weise und in welchen Dimensionen gesellschaftlicher Teilhabe sie sich jeweils bemerkbar macht;
  • beispielhaft zu zeigen, wie Angehörige dieser unterschiedlichen Gruppen in ihrem sozial-räumlichen Umfeld Ausgrenzung erfahren, aber auch wie sie der Ausgrenzungsbedrohung zu widerstehen suchen, welcher materieller und sozialer Ressourcen sie sich dabei bedienen oder welcher sie bedürfen;  
  • der Frage nachzugehen, welche Sozialformen sich am Rande oder außerhalb der "Arbeitsgesellschaft" herausbilden; ob Netzwerke gegenseitiger Unterstützung entstehen, worauf sie beruhen und wer an ihnen teilhaben kann; ob sich Subkulturen herausbilden mit eigenen, gemeinsamen Bewußtseinsformen und Verhaltensmustern; ob und unter welchen Bedingungen sich Vereinzelung ausbreitet;  
  • herauszuarbeiten, welche Konflikte und verfestigten Konfliktlagen Ausgrenzungsbedrohung und Ausgrenzung hervorbringen - sowohl innerhalb des Wohnviertels und zwischen verschiedenen Bewohnergruppen, als auch im Verhältnis zur "Außengesellschaft" und ihren Institutionen.  


Die Untersuchung wurde in einer westdeutschen Großstadt in Wohnvierteln mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit und Armut durchgeführt.