Projektinhalt

Die Gegenwartsgesellschaft ist durch Umbrüche und Krisen gekennzeichnet. Das gilt mit Blick auf die Digitalisierung der Arbeits- und Lebenswelt, mit Blick auf die Folgen demografischen Wandels (d.h. Alterung und Migration), mit Blick auf die ökologische Frage, aber auch hinsichtlich der aktuellen „Corona-Krise“. Alle diese Entwicklungen provozieren auf je spezifische Weise unser Wohlstandsmodell und unsere Art, zu arbeiten und zu leben. Spaltungen, Fragmentierungen und auch Polarisierungen im Sozialgefüge treten offen zutage; die sozialen Bilanzen kommender Gewinne und Verluste werden unsicherer; Konflikte um die Preisgabe des Erreichten, aber auch um das Erkämpfen neuer Spielräume nehmen zu. Das alles bildet den Hintergrund des Forschungsprojekts.

Mit Hilfe qualitativer Methodik untersuchen wir die Art und Weise, in der sich Menschen in einer Welt sozialer Transformation orientieren, in ihr handeln und dieser Welt Gestalt zu geben versuchen. Orientierung, Handlung und Gestaltung – das macht Mentalitäten aus. Mentalitäten sind begründet in materiellen Soziallagen und sie aktualisieren sich durch individuelle und kollektive Erfahrungen in Arbeits- und Lebenswelt. Ziel des Projekts ist es, neue Einblicke in die Mentalitäten von abhängig Beschäftigten an den Bruchpunkten und in den Wohlstandskonflikten unserer Gesellschaft zu geben.

Im Zentrum des Forschungsvorhabens stehen folgende Fragen

Erstens: Was prägt Mentalitäten und ihren Wandel? Welche Rolle spielen dabei die strukturellen Bedingungen und Lebenssituationen, mit denen sich Beschäftigte in und außerhalb des Betriebs sowie des näheren sozialen Umfelds auseinandersetzen müssen?

Zweitens wird untersucht, wie unterschiedliche Mentalitäten von Erwerbstätigen zur je spezifischen Bewältigung gesellschaftlicher Wandlungsprozesse beitragen. Welche Wertorientierungen und Haltungen können Erwerbstätige (und ihr Nahbereich) in die Waagschale werfen, wenn sie mit Veränderungen oder Gefährdungen ihrer Arbeits- und Lebenswelt konfrontiert sind? Mit Blick auf den gewerkschaftspolitischen Handlungsraum: Auf welche Mentalitäten und Handlungsressourcen von Beschäftigten können Gewerkschaften bei der solidarischen Bewältigung des Strukturwandels zurückgreifen?

Methode

Zur Beantwortung der Forschungsfragen bedarf es einer qualitativ-interpretativen Anlage der Untersuchung, die zudem durch ihre mehrjährige Laufzeit der Frage nach Stabilität und Wandlungsfähigkeit von Mentalitäten nachzugehen erlaubt.

Im Mittelpunkt der empirischen Erhebungen stehen wiederholte biografische Interviews mit abhängig Beschäftigten in Industrie, Dienstleistung und öffentlicher Verwaltung, betriebliche Gruppendiskussionen sowie Interviews im sozialen Nahbereich (in Haushalt, Nachbarschaft, Verein o.ä.). Ergänzt werden die Befragungen durch Begehungen und Beobachtungen „vor Ort“. Als empirisches Feld werden sozio-ökonomische Konstellationen ausgewählt, in denen sich Problemlagen der Gegenwartsgesellschaft in besonderer Weise verdichten („Transformationskonstellationen“) und von denen wir begründet annehmen können, dass in ihnen Mentalitäten und Handlungspraktiken von Erwerbstätigen in besonderer Weise angesprochen oder auch herausgefordert werden.

Kurzdarstellung zum Projekt: [PDF]