Projektinhalt

Wellness ist ein Lebensstilkonzept zur Steigerung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohlbefindens, das auf Ganzheitlichkeit, Prävention und Eigenverantwortlichkeit beruht. Der Markt für Wellness-Dienstleistungen ist in den letzten 20 Jahren rasch expandiert und hat sich auf der Basis eines veränderten Gesundheitsbewusstseins im Wechselspiel von Nachfrage und einer Vielzahl neuer Angebote ausdifferenziert. Im Zentrum des heterogenen und nicht eindeutig abgrenzbaren Marktes stehen Leistungen für Selbstzahler, die von kurativen, primär jedoch präventiven medizinischen Maßnahmen im engeren Sinn über Sport und Fitness bis hin zu passiven Wohlfühlangeboten reichen. Die Entfaltung dieses „zweiten Gesundheitsmarktes“ dürfte sich nicht zuletzt dem Umstand verdanken, dass er auf die Bedürfnisse der Dienstnehmer in anderer Weise eingeht als die üblichen ärztlichen Leistungsangebote, die der Wellness-Markt ergänzt und zum Teil substituiert. Seine gesellschaftliche Relevanz und Entwicklungspotenziale resultieren zudem aus den Finanzierungsproblemen und Umstrukturierungen des etablierten Gesundheitssystems.

Andererseits tragen unseriöse Angebote dazu bei, die Branche insgesamt in Verruf zu bringen. Auch deshalb sind der Aufbau von Verbandsstrukturen, die Etablierung überprüfbarer Leistungs- und Qualitätsstandards sowie die Verfügbarkeit der für die Dienste jeweils erforderlichen Kompetenzen entscheidende Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung der Branche und ihrer Wachstumspotenziale; kurz: Sie steht unter Professionalisierungsdruck. Im Zentrum des Projekts stand die Frage, ob, mit welcher Reichweite und wie es unter Berücksichtigung der Vielfalt der angebotenen Leistungen und heterogener Anbieterstruktur möglich ist, (a) Kompetenzanforderungen zu neuen Berufsrollen und -profilen zu bündeln, und (b) wie bereits bestehende Berufsprofile, Berufszugänge sowie Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten weiterentwickelt werden könnten und sollten.

Das Projekt konzentrierte sich auf das Segment der nicht-akademischen Gesundheitsberufe, die vielfach mit Quereinsteigern besetzt sind oder bei denen die Ausbildung an Fachschulen erfolgt. Es wurden insgesamt 30 Interviews mit Experten des Sektors durchgeführt, ebenso mit Anbietern, Kunden und Beschäftigten. Insgesamt sind 110 Anbieter (Hotels, Thermen, Wellness  und Kosmetikstudios) befragt worden, zudem 149 Wellness-Kunden.

Die Empirie zeigte eine hohe Weiterbildungsbereitschaft der Wellness-Beschäftigten, die trotz bescheidener Bezahlung und zeitlichen Flexibilitätsanforderungen mit ihrem Beruf weitgehend zufrieden sind und sich auf die künftigen beruflichen Anforderungen gut vorbereitet fühlen. Zur Zufriedenheit der angestellten Beschäftigten trägt eine relativ hohe Arbeitsplatzsicherheit bei (die Mehrheit hat einen festen, unbefristeten Arbeitsvertrag, was die Annahme einer Prekarisierung dieser neuen Berufsgruppen relativiert). Allerdings besteht die Mehrheit der Wellness-Anbieter aus Klein- und Kleinstunternehmen (Ein Mann/Frau Firmen), die besonders in den Ballungsgebieten unter hohem Konkurrenzdruck stehen. Die Kunden, die am häufigsten unterschiedliche  Massageanwendungen nachfragen, erwarten handwerkliche Kompetenz, Empathie und persönliche Zuwendung. Der Bezug zum Kunden, die Interaktionsarbeit, ist anders als in standardisierbaren Dienstleistungen grundsätzlich individuell geprägt. Durch das Ausliefern an die „kundigen Hände“ des Welllness-Dienstleisters wird ein intimer, persönlicher Kontakt hergestellt.  Beschwerden und spezielle Behandlungswünsche müssen im Gespräch erhoben, die Behandlungsmethoden erläutert  und in den Verständnishorizont des Kunden übersetzt werden.

Ein Trend zur Etablierung neuer dualer Wellnessberufe zeichnet sich nicht ab. Weder die Arbeitgeber noch die Berufsschulen sind in der Lage, Ausbildungspersonal und andere Ressourcen für neue, in den Konturen noch unscharfe Berufe bereit zu stellen. Die beiden Wellnessverbände, bei denen es sich nicht um Berufsverbände handelt, sind relativ schwach verankert und haben in Bezug auf die Sicherung von Qualitäts- und Ausbildungsstandards geringe Durchsetzungschancen.

Ein Haupthindernis für die Professionalisierung  ist die zersplitterte und ungeregelte Struktur der Ausbildungsinstitutionen „neuer“ Wellness-Berufe. Diese Berufe wie etwa „Wellness-Trainer“ oder „Spa-Manager“ waren bei den untersuchten Anbietern kaum verbreitet. Diese geben bisher traditionellen Gesundheitsberufen (wie Physiotherapeut oder Masseur) mit wellnessbezogenen Zusatzqualifikationen bei Anstellungen den Vorzug.

Die Projektergebnisse sind im Abschlussbericht vom September 2011 dargestellt.