Projektinhalt

Die Grundlage des Projekts bildet der von den Tarifparteien des deutschen Einzelhandels unternommene Versuch, durch eine neuartige Form projektförmiger Kooperation zu einem neuen, zeitgemäßen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für den deutschen Einzelhandel zu gelangen und auf diesem Wege eine seit Jahrzehnten bestehende Reformblockade in diesem Bereich zu überwinden. Die komplexe Materie sollte im Rahmen eines kooperativen Projektverbund jenseits von Tarifverhandlungen kleingearbeitet werden mit dem Ziel, überschaubare und im Rahmen normaler Tarifverhandlungen zu bewältigende Lösungsansätze für reguläre Tarifverhandlungen zu erhalten. Damit sollte zugleich erprobt werden, ob ein solches Vorgehen geeignet ist, zu dauerhafter Vertrauensbildung im Rahmen eines traditionell durch starkes wechselseitiges Misstrauen bestimmten Tarifbereichs beizutragen. Insbesondere im Hinblick auf dieses Verallgemeinerungspotential wurde das Vorhaben von den beiden Stiftungen als „Modellinitiative“ gefördert. Die wissenschaftliche Begleitforschung bildete den wichtigsten Teil dieser Förderung.

Die Aufgabe der Begleitforschung, die vom SOFI in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie der Universität Trier und Perspective Eyer Consulting durchgeführt wurde, bestand in der Klärung wesentlicher Voraussetzungen sowie in der Identifizierung von Anwendungsvoraussetzungen und –problem eines neuen Entgeltsystems. In ersten Schritt wurde eine exemplarische Bestandsaufnahme der bestehenden Entgeltregelungen und –praktiken sowie der damit verbundenen Formen von Beschäftigung und Arbeitsorganisation in typischen Funktionen und Vertriebslinien erarbeitet. Dazu wurden im Rahmen von Fallstudien Arbeitsbedingungen und Anforderungen erfasst, zu den lokalen Eingruppierungspraktiken und den Erfahrungen der Akteure mit dem bestehenden Tarifsystem in Beziehung gesetzt und mit deren Erwartungen an die künftige Entwicklung verglichen. Dabei wurde eine ganzheitliche Analyse des betrieblichen Kontextes von Entgeltsystemen vorgenommen, um den Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Arbeitsaufgaben, Arbeitszeit, Qualifikation und Entgeltsystemen in einem dynamischen Marktumfeld besser einschätzen zu können. Im zweiten Schritt wurden nach Rückmeldung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme an die Tarifpartner Elemente eines neuen Entgeltsystems erarbeitet. In der weiteren begleitenden Evaluation wurde in den Betrieben vor Ort die Praktikabilität von Eingruppierungskriterien für ein neues Entgeltsystem überprüft.
Der Projektabschluss stellt im Hinblick auf das gesamte tarifpolitische Projekt ein Zwischenergebnis dar. Die Projektstruktur kann angesichts der innerhalb von drei Jahren erreichten Ergebnisse als ausgesprochen erfolgreich gelten, sowohl was die sachlichen Ergebnisse, als auch, was die Entwicklung der Kooperationsbeziehungen zwischen den beteiligten Akteuren angeht. Die Überführung in reguläre Tarifverhandlungen als der entscheidende Realitätstest steht aber noch aus. Dieser Übergang ist Gegenstand eines von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Nachfolgeprojekts.