Späte Karrieren? Berufswechsel in der zweiten Lebenshälfte
Projektinhalt
Nicht alle können oder wollen im angestammten Beruf bis zur Rente arbeiten. Warum Menschen in der zweiten Lebenshälfte den Beruf wechseln, untersucht das Projekt mit repräsentativen Längsschnittdaten. Wann kommt es zu abwärts, horizontal oder aufwärts gerichteter Mobilität? Wie zufrieden sind Betroffene? Analysiert wird u.a. die Rolle von Erwerbsbiographien, Weiterbildung und Haushaltssituationen.
Seit einigen Jahren fordern arbeitsmarkt- und rentenpolitische Reformen ein, länger im Arbeitsleben zu bleiben und die Erwerbsquote unter Älteren in Deutschland ist tatsächlich deutlich angestiegen. Auch volkswirtschaftliche Veränderungen hin zu mehr Dienstleistungsberufen, Digitalisierung und Umbau des Energiesektors sowie die Verbreitung von Niedriglohnarbeitsplätzen betreffen nicht nur junge Einsteiger_innen auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch schon lange Erwerbstätige. So stellt sich die Frage nach beruflicher Mobilität in der zweiten Lebenshälfte mit neuer Dringlichkeit. Für Deutschland liegen kaum Informationen zu Berufswechseln in der zweiten Lebenshälfte und für das letzte Jahrzehnt vor. Dabei werden manche Gründe für Berufswechsel erst mit steigendem Alter relevant: Gesundheitsprobleme und eine Alterung berufsfachlichen Wissens als Push-Faktoren; intrinsisches Interesse an einer zweiten Berufskarriere sowie Berufserfahrung als Voraussetzung für Aufstiege als Pull-Faktoren.
Wie häufig und unter welchen Umständen kommt es zu Berufswechseln im Alter von 40 bis 70 Jahren? Welche Typen von Berufswechseln gibt es und wie verbreitet sind sie? Was erklärt welche Formen von Berufswechseln? Vergleicht man Ausgang- und Ziel-Beruf hinsichtlich des Einkommens oder des beruflichen Status, können Wechsel der beruflichen Tätigkeitsfelder in einer aufwärts, lateral oder abwärts gerichteten Mobilität resultieren. Doch Individuen wägen bei der Entscheidung für oder gegen einen Berufswechsel monetäre Motive gegen Wünsche nach kürzeren Arbeitszeiten, gesundheitlich schonenderen Tätigkeiten oder mehr Autonomie ab. So stellt das Projekt zum einen unter Berufswechsler_innen die Veränderung der subjektiven Arbeitszufriedenheit den objektiven Veränderungen gegenüber. Zum anderen werden Einflüsse u.a. der vorangegangenen Erwerbsbiographie, beruflichen Weiterbildung, Gesundheit, der Haushaltssituation und deren jeweiligen geschlechtsspezifischen Auswirkungen untersucht.
Datenbasis für die quantitativen Analysen sind zwei für Deutschland national repräsentative Umfragen: a) der Mikrozensus für die Jahre 2012 bis 2014 in Form eines auf der Personenebene verknüpften Mini-Panels und b) die Erwachsenenbefragung des Nationalen Bildungspanels (NEPS) für Berufswechsel, die in den Jahren 2000 bis 2017/18 stattfand. Mit den Mikrozensus-Wellen können verschiedene horizontal und vertikal strukturierte Merkmale des früheren und neuen Berufs differenziert und verglichen werden. Das NEPS bietet wiederum vielfältige Längsschnittinformationen zu Erwerbsverläufen, Haushaltskontexten und eine einmalig genaue und differenzierte Erhebung von Weiterbildungsaktivitäten. Unter Berücksichtigung mehrerer Dimensionen von Beruf und Erwerbstätigkeit werden mittels Clusteranalyse verschiedene Typen von Berufswechseln identifiziert. Diese Berufswechseltypen, das Auftreten von Berufswechseln per se und deren vertikale Ausrichtung werden in multivariaten Schätzmodellen analysiert.