Projektinhalt

Unter der Überschrift „VW-Projekt 5000 x 5000“ im September 2001 tarifvertraglich vereinbart, beschritt die Volkswagen AG im Rahmen eines eigenständigen Unternehmens (Auto 5000 GmbH) neue beschäftigungs- und arbeitspolitische Wege der Automobilherstellung. Es wurden neue Beschäftigungsmöglichkeiten für über 3.500 Arbeitslose am Standort Wolfsburg erschlossen, neue Formen der Personalrekrutierung und der prozessorientierten Qualifizierung erprobt sowie innovative arbeitspolitische Konzepte in den Bereichen Arbeits-, Betriebs- und Unternehmensorganisation, neuartige leistungspolitische Regelungen und Formen der Entgeltgestaltung realisiert.

Aufgabe des SOFI war es, die Entwicklung der eigenständigen Fabrik über mehrere Jahre hinweg wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren, inwieweit die Projektziele von 5000 x 5000 erreicht werden konnten. Die im Projekt gewonnenen Erfahrungen wurden dabei breitflächig erhoben und bilanziert; zu überprüfen galt es insgesamt, inwieweit es in beschäftigungs- und arbeitspolitischer Hinsicht modellhaft und übertragbar sein könnte.

Das SOFI führte jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten Interviews, Gruppendiskussionen, Befragungen, Beobachtungen sowie Arbeits-, Gruppen- und Prozessanalysen durch und die auf dieser Datengrundlage gewonnenen Untersuchungsergebnisse wurden an die Akteure des Projektes 5000 x 5000 rückgekoppelt, publiziert und auf Fachtagungen diskutiert.

Als wichtiges Ergebnis der Evaluation ist zunächst zu betonen, dass der beschäftigungspolitische Anspruch des Vorhabens, die Rekrutierung von Arbeitslosen, umgesetzt wurde. Fast durchweg erreicht werden konnten auch die arbeitspolitischen Ziele der Realisierung weit reichender Innovationen in den Bereichen Arbeits-, Betriebs- und Unternehmensorganisation, bei der Qualifizierung sowie bei leistungspolitischen Regelungen und beim Entgeltsystem. Aus einer langen Liste wichtiger arbeitspolitischer Innovationen seien hier genannt: die breitflächige Realisierung erweiterter Teamarbeit – auch wenn zwischen verschiedenen Tätigkeitsbereichen nach wie vor deutliche Niveauunterschiede bestehen, die Neugestaltung der betrieblichen Führung durch Dehierarchisierung und eine Stärkung der ersten Führungsebene (Betriebsingenieurskonzept), die sehr stark prozessorientierte Betriebsorganisation (Lernfabrikkonzept) sowie das umfangreiche, auf Selbstorganisation setzende und sämtliche Beschäftigtengruppen einbeziehende Qualifizierungskonzept. Dass das Modellvorhaben insgesamt überaus erfolgreich war, kommt auch darin zum Ausdruck, dass es mittlerweile durch reguläre Tarifverträge, die die meisten Bestimmungen der Projekttarifverträge fortschreiben oder weiterentwickeln, abgesichert ist.

Auto 5000 stellt in Deutschland mittlerweile einen der avanciertesten Versuche der Realisierung innovativer Arbeitspolitik dar, mit hohem Anregungspotential weit über die Automobilindustrie hinaus. Zugleich erweist sich die Fabrik als erfolgreiches Beispiel einer offensiven, die eigenen Stärken nutzende und weiterentwickelnde Reaktion auf die sich permanent verschärfenden Wettbewerbsbedingungen in der Automobilindustrie und eine eigenständige Antwort auf die Produktionserfolge von Toyota sowie als Gegengewicht zu Retaylorisierungstendenzen von Industriearbeit. Mit Blick auf die Debatte über Schwächen und Zukunft des deutschen Produktionsmodells legt der Fall Auto 5000 zum Einen die Einschätzung nahe, dass die besondere Form der industriellen Beziehungen sich als überaus leistungsfähig und innovationsförderlich erwiesen hat, zum Anderen wird aber auch deutlich, dass eine pfadorientierte Fortführung dieses Produktionsmodells substanzielle Weiterentwicklungen (auch) auf der Mikroebene der betrieblichen Strukturen erfordert.