Projektinhalt

Gegenstand des Projekts sind die Wirkungen verstärkter Finanzmarktorientierung deutscher Unternehmen auf die Handlungsspielräume und Einflussmöglichkeiten von Arbeitnehmervertretungen und die Möglichkeiten der Mitbestimmungsträger selbst auf die nähere Bestimmung finanzmarktorientierter Strategien Einfluss zu nehmen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Finanzmarktorientierung von Unternehmen nicht einfach von externen Finanzmarktakteuren aufgezwungen wird, sondern dass unterschiedliche Akteure außerhalb und innerhalb von Unternehmen darauf Einfluss nehmen, was schließlich als finanzmarktorientierte Unternehmensstrategie verfolgt wird.

Im Einzelnen verfolgt das Projekt die folgenden Fragestellungen:
Wie wirkt sich die seit Mitte der 1990er Jahren zu beobachtende verstärkte Kapitalmarktorientierung in deutschen Unternehmen auf die Institution und Praxis der Mitbestimmung und die Handlungsspielräume der Mitbestimmungsträger aus?
Welchen Einfluss hat umgekehrt die Mitbestimmung darauf, ob, auf welchen Feldern und wie  Kapitalmarkterwartungen in die jeweilige Unternehmensstrategie eingehen?
Wie werden gegebenenfalls die formalen Konzepte einer „wertorientierten“ Unternehmensführung durch Mitbestimmung modifiziert?
Zu welchen Themen (Corporate Governance, Spitzenpersonal,  Unternehmensstrategie) und auf welchen Wegen bzw. in welchen Arenen (informell: direkte Kommunikation mit Management; formell: Hauptversammlung, Aufsichtsrat) nehmen institutionelle Investoren (darunter speziell angelsächsische) Einfluss bzw. üben Kontrolle aus?
Wie wird die Mitbestimmung von externen Kapitalmarktakteuren, insbesondere ausländischen Finanzinvestoren, wahrgenommen und bewertet und welche Lerneffekte sind diesbezüglich ggf. zu beobachten?
Bei der Beantwortung dieser Fragen sollen die unterschiedlichen Koalitions- bzw. Konfliktkonstellationen zwischen den (internen und externen) Hauptakteuren bei der näheren Bestimmung einer kapitalmarktorientierten Unternehmenspolitik erfasst werden, die sich zwischen Unternehmen etwa aufgrund der Eigentümerstruktur und hinsichtlich verschiedener Themen unterscheiden können.
 
Im Blick auf die Handlungsmöglichkeiten der ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat interessiert uns vor allem,

  • welche Themen kapitalmarktorientierter Unternehmenspolitik besonders relevant sind,
  • in welchen (gegebenenfalls wechselnden) Koalitionen Arbeitnehmerinteressen ggf. zur Geltung gebracht werden können,
  • ob und ggf. in welcher Weise hierbei Elemente der Corporate Governance Reformen auch von ArbeitnehmervertreterInnen genutzt werden können, (erweiterte Informationsmöglichkeiten, Stärkung des Aufsichtsrats/Ausweitung „zustimmungspflichtiger Geschäfte“),
  • ob und welche Erfahrungen vorliegen bezüglich der Korrektur von Fehlentwicklungen einer am Shareholder Value-Konzept ausgerichteten Unternehmenspolitik (etwa auf den Feldern der Vorstandsvergütung, bei der Bestimmung von Zielrenditen, der Ausgestaltung von Systemen der „wertorientierten“ Unternehmenssteuerung usw.),
  • ob und in welchen Punkten sich kapitalmarktexponierte Unternehmen in Streubesitz und Unternehmen unter der Kontrolle eines strategischen Aktionärs oder einer Familie in diesen Punkten tatsächlich unterscheiden.

Diesen Fragestellungen wird in sechs bis acht Unternehmensfallstudien aus den Branchen Chemie/Pharma, Automobil und Handel nachgegangen, die auch unterschiedliche Eigentümerkonstellationen berücksichtigen. Die Fallstudien sind so angelegt, dass die Perspektiven aller relevanten internen Akteure (Management, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbank des Aufsichtsrats, Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat) und zugleich externer Kapitalmarktakteure (institutionelle Investoren, Analysten) einbezogen werden.