Projektinhalt

1.    Kontext / Problemlage

Das Thema Gerechtigkeit hat erneut Hochkonjunktur. Angesichts der von der Meinungsforschung seit langem festgestellten und durch Weltwirtschafts- und Finanzkrise vermehrten Legitimitätsverluste von Wirtschaft und Politik ist klar, dass der Frage nach den Gerechtigkeitsansprüchen von ArbeitnehmerInnen an Erwerbsarbeit hohe politische Relevanz zukommt. Das neoliberale Marktregime gerät unter Legitimationsdruck, zugleich wachsen politische Beteiligungsansprüche (z.B. „Stuttgart 21“, Anti-AKW-, „Occupy“-Bewegung). In diesem Kontext hängen demokratische Politikoptionen und Gestaltungsmöglichkeiten auch davon ab, welche Gerechtigkeitsansprüche die ArbeitnehmerInnen in Bezug auf Erwerbsarbeit stellen und welche partizipatorischen und solidarischen Verhaltenspotenziale sich damit verbinden. Allerdings ist die allgemeine wie auch die erwerbsarbeitsbezogene Gerechtigkeits- und Ungerechtigkeitsdiskussion wie -forschung relativ unübersichtlich und disparat, was die Orientierung erschwert.

2.     Fragestellung

Ziel war es vor diesem Hintergrund, einen fokussierten Überblick über wichtige Aspekte der wissenschaftlichen Diskussion im Forschungsfeld „Gerechtigkeit und Erwerbsarbeit“ und die bisher vorliegenden Forschungsbefunde vorzulegen. Die Bestandsaufnahme und Trendbestimmung des Diskussions- und Forschungsstands folgte dabei u.a. folgenden Leitfragen an die Literatur: Welche Gerechtigkeitsansprüche haben ArbeitnehmerInnen heute an Erwerbsarbeit? Welche Gesichtspunkte und Dimensionen von (Verteilungs- und Verfahrens-)Gerechtigkeit in der Erwerbsarbeitssphäre werden in der Forschung und in der Diskussion bislang thematisiert - welche gesicherten Befunde liegen dazu vor (und welche Forschungslücken sind erkennbar)? Welche vergessenen oder bislang zu wenig genutzte „Quellen“ einer Gerechtigkeitsforschung lassen sich ausmachen (als Beispiel: die Forschung zum ArbeitnehmerInnenbewusstsein)?

3.     Untersuchungsmethoden

Im Zentrum stand die Literaturanalyse im Forschungsfeld „Gerechtigkeitsansprüche an Erwerbsarbeit“ entlang der ausgewiesenen Leitfragen. Auf die Literatursuche und -sichtung vor allem neuerer und auch internationaler Literatur folgte deren Auswertung, und zwar in zwei Schritten: Die wichtigsten Themen, Fragestellungen und Streitpunkte, Ansätze und methodischen Zugänge sowie zentralen Befunde wurden identifiziert und zusammengefasst (Bestandsaufnahme). Auf dieser Basis war dann zu beurteilen, welche Forschungslinien sich bislang als besonders ertragreich erwiesen, welche Fragen und Themen für künftige Forschung sich abzeichnen bzw. welche Forschungslücken sich benennen lassen (Trendbestimmung). Zusammenfassend plädiert der Trendreport für eine subjektive und eine arbeitsbezogene Wende der Gerechtigkeitsforschung, für verstärkte Aufmerksamkeit für das Thema Geschlechtergerechtigkeit und für neue „Bewusstseinsstudien“. Eine Veröffentlichung des „Trendreports“ in einer Form, die sowohl für die (gewerkschafts-)politische Öffentlichkeit wie die wissenschaftliche Community Orientierungs-, Informations- und Anregungsfunkionen erfüllen soll, ist im Frühjahr 2013 vorgesehen.