Differenzierung und Ungleichheit im Konsum


Dem fünften Berichtsteil zum Thema Konsum sind fünf Kapitel zugeordnet. Die inhaltliche Koordination liegt beim Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF) in München. Es sollen mit dieser Berichtsabteilung Differenzierung und Ungleichheit der Konsummuster systematisch in den sozioökonomischen Berichtsansatz eingeführt werden. Hierzu ist das Themenfeld so weit zu fassen, wie es dem Konzept der Wohlfahrtsproduktion und der Zielfunktion der Teilhabe entspricht. Als Orientierung kann zunächst der Begriffsrahmen dienen, der für den Themenschwerpunkt „Nachhaltiger Konsum“ im Rahmen der Sozial-ökologischen Forschung des BMBF entwickelt wurde. Danach sind Besitz, Nutzung und Verbrauch von Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen „instrumentell auf Bedürfnisse bezogen“ (Di Giulio u.a. 2011: 48). Die Inanspruchnahme von Konsumgütern, d.h. ihre Umwandlung in Wohlfahrtseffekte, hat sowohl eine technisch-funktionale als auch eine symbolisch-kommunikative Funktion, und individuelles Konsumhandeln umfasst gesellschaftlich eingebettete Akte der Wahl, des Erwerbs, der Nutzung bzw. des Verbrauchs, der Entsorgung oder Weitergabe von Gütern, im Fall personenbezogener Dienstleistungen auch deren Koproduktion (Kaufmann-Hayoz u.a. 2011: 89ff). Das sozial und kulturell eingebettete Konsumhandeln ist demnach Teil der Wohlfahrtsproduktion der Haushalte, und „Konsumentinnen und Konsumenten sind nicht passiv, sondern aktive Subjekte im Entstehungs- und Verbreitungsprozess von Gütern“ (Di Giulio u.a. 2011: 47f.). Der Zusammenhang zwischen der individuellen Auswahlmenge an Funktionen des Konsumhandelns und dem Ressourcenverbrauch ist nicht technisch determiniert, sondern abhängig von gesellschaftlichen Umwandlungsfaktoren. Um in diesem Begriffsrahmen die Teilhabeergebnisse von Konsumhandeln zu bewerten, steht jedoch eine Verständigung über einen Bedürfnisbegriff aus, der auf die zu untersuchende Gesellschaft bezogen ist und zum Konzept der Verwirklichungschancen passt. Soll Konsumhandeln nach seiner Nachhaltigkeit bewertet werden, so ist nach ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit zu differenzieren.

Während die Entwicklung des standardisierten Massenkonsums unter den Bedingungen des Fordismus entscheidend zu einer Angleichung von Lebensweisen beitrug, was etwa Theorien einer „nivellierten Mittelstandgesellschaft“ Belege lieferte, erwarten alle Kapitel dieser Abteilung für ihren jeweiligen Berichtsgegenstand eine weitere Pluralisierung des Konsumhandelns, die teils auf Erweiterung, teils auf zunehmende Ungleichheit von Wahlmöglichkeiten zurückgeht. Wissenschaftliches Arbeitsziel der Abteilung ist es daher, Bestimmungsfaktoren sozialen Konsumhandelns zu beobachten, die soziale Differenzierung von Konsummustern und sozialstrukturelle Ungleichheit von Konsumchancen unterscheidbar zu machen und Konsummuster zu typisieren.

Alle Kapitel dieser Abteilung werden in die Entwicklung und Mikrofundierung zweier alternativer gesamtwirtschaftlicher Konsumszenarien einbezogen. In diesem Berichtsteil greift Kapitel 19 einige dieser Fragestellungen für die Altersbevölkerung auf. Die Kapitel 17 und 18 bearbeiten schwerpunktmäßig die ökonomische Seite des Konsums, während in den Kapiteln 20 und 21 Konsum als soziale Praxis im Vordergrund steht.

Kapitel 17

Konsumentwicklung bis 2030 nach Haushaltstypen und Szenarien

Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Haushaltsgruppen bestehen weiter fort

Loreto Bieritz, Thomas Drosdowski, Britta Stöver, Ines Thobe und Marc Ingo Wolter  

Die Autoren kommen durch ihre Analysen zu der Kernbotschaft, dass die Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Haushaltsgruppen in Deutschland zukünftig weiter fortbestehen. Zudem führen sie zu ungleichen Entwicklungen im Konsum.

Die Arbeitnehmerhaushalte erhöhen aufgrund günstiger Lohnentwicklung ihren relativen Abstand zu Nichterwerbstätigenhaushalten, während die Selbstständigenhaushalte angesichts schwächer zunehmender Vermögens-und Gewinneinkommen etwas zurückfallen. Gleichzeitig zementieren sich die Ungleichheiten zwischen Ein-und Zweipersonenhaushalten, die aufgrund des demografischen Wandels an Bedeutung gewinnen, und Familienhaushalten. Die steigende Anzahl der Ruheständlerhaushalte beansprucht bis 2030 immer größere Anteile der gesamten Einnahmen und Ausgaben für sich und prägt damit die Konsumstruktur, die sich dadurch immer weiter hin zu Dienstleistungen verschiebt. Szenarienergebnisse zeigen insbesondere, dass eine ökologisch nachhaltigere Konsumweise Wachstum, Beschäftigung und die Teilhabemöglichkeiten verbessern kann. Außerdem verursacht eine Verteuerung der Nahrungsmittelpreise steigende Einkommens-und Konsumdisparitäten und wirkt zudem wachstumshemmend. Mieterhöhungen führen schließlich zu einem eingeschränkten Konsum soziokulturell teilhaberelevanter Güter und führen zu größeren Ungleichheiten zwischen Besitzern und Nichtbesitzern von Wohneigentum.

Arbeitspaket 15: Konsumentwicklung bis 2030 nach Haushaltstypen und Szenarien

Arbeitspaket 15 „Konsumentwicklung bis 2030 nach Haushaltstypen und Szenarien“ (Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS)) setzt für die mikrofundierten Analysen der nachfolgenden Arbeitspakete einen makroökonomischen Rahmen. Die Analyse der Einkommensentstehung und -verwendung des Sektors privater Haushalte der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) von 1991 bis zum aktuellen Rand, differenziert nach Einkommensarten, Konsumverwendungszwecken und sozioökonomischen Haushaltstypen, ermöglicht Aussagen über die gesamtwirtschaftlichen Effekte des Konsumhandelns und veränderter Konsummuster. Während das in Arbeitspaket 1 eingeführte Basisszenario der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die hier detailliert dargestellten Konsumstrukturen bis 2030 fortschreibt, sollen hier unter Nutzung des GWS-Modellverbunds zwei kontrastierende Alternativszenarien modelliert werden, für die zwei neue Haushaltstypen ins Modell eingeführt werden:

  • Das Szenario „Nachhaltiger Konsum“ unterstellt, dass ein wachsender Teil der Haushalte sich aufgrund ihrer Kaufkraft über einen nachhaltigen Lebensstil definieren und bewusst für Güter und Dienstleistungen entscheiden kann, die diesem Anspruch genügen.
  • Das Szenario „Armutskonsum“ nimmt dagegen eine wachsende Zahl armer Haushalte an, deren Konsummuster von Budgetrestriktionen insbesondere bei Dienstleistungen, beschränkten Auswahlmöglichkeiten und an niedrigen Preisen orientierten Konsumentscheidungen geprägt wird.

Für die Modellierung wird angenommen, dass zwischen 2010 und 2030 immer mehr Haushalte aus den im Referenzlauf ermittelten Haushaltstypen in einen der beiden neuen Haushaltstypen wechseln. Berücksichtigt werden auch Entwicklungen insbesondere der Preisstrukturen auf der Anbieterseite. Die Szenarien können zeigen, welche gesamtwirtschaftlichen Effekte die Zunahme jedes der beiden alternativen Konsummuster hätte, wie dies die Konsumchancen anderer Haushaltstypen beeinflussen würde und welche Auswirkungen dies auf die wichtigsten Handelspartner Deutschlands hätte. Die Konsummuster für die beiden zu modellierenden Haushaltstypen sind im Projektverlauf in Zusammenarbeit mit den anderen Arbeitspaketen der Abteilung 5 zu definieren; für das erste Szenario werden auch Ergebnisse des Themenschwerpunkts „Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum“ im Rahmen der vom BMBF geförderten Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) genutzt.

  • Poster 17: Einkommen, Konsum und Sparen: Haushaltstypen, Projektion und Szenarien. [PDF]
  • Bieritz, Loreto/Stöver, Britta (2016): Auswirkungen von Mieterhöhungen auf die Konsumstruktur verschiedener Haushaltstypen. [PDF]
  • Drosdowski, Thomas/ Stöver, Britta/ Ritter, Tobias (2016): Consumption of the poor in Germany: projecting the development until 2030. Stöver, Britta (2014): Socioeconomic consumption modelling in an input-output model. Vortrag im Rahmen der International Input-Output Conference (IIOA) am 14.-18.07.2014 in Lissabon. [PDF]

Kapitel 18

Konsumteilhabe nach Wohlstandsschichten - verbreitete Defizite

Irene Becker

Die Analysen der Autorin münden in folgende Kernbotschaften:

1. Teilhabedefizite infolge materieller Armut sind einschneidender als aus gängigen Indikatoren ersichtlich: Da in unteren Schichten an Ausgaben für Grundbedarfe wenig gespart werden kann und mit steigendem materiellen Wohlstand allmählich Sättigungsgrenzen erreicht werden, wird das Ausmaß gesellschaftlicher Spaltung erst mit Analysen der Ausgaben für soziale Teilhabe augenfällig: Sie bleiben im Armutsbereich um etwa drei Fünftel hinter dem Gesamtdurchschnitt zurück, gegenüber dem Durchschnitt im Reichtumssegment zeigen sich für wesentliche Bedarfsarten Rückstände um drei Viertel bis fünf Sechstel. Bei derart gravierenden Einschränkungen kann von einem Mindestmaß an sozialer Teilhabe nicht ausgegangen werden. Damit wird auch das Ziel der Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche verletzt bzw. verfehlt.

2. Weitere Indikatoren weisen in die gleiche Richtung. Im Armutsbereich muss im Durchschnitt entspart werden, während bei Haushalten mit materiellem Reichtum trotz des hohen Konsumniveaus 30% des Einkommens für sonstige Ausgaben (Versicherungen etc.) und Vermögensbildung verbleiben. Die Diskrepanzen spiegeln sich auch in der Ausstattung mit Gebrauchsgütern. Sie klaffen zwischen einzelnen Schichten weit auseinander, obwohl aus den Ausgabenstrukturen der unteren Wohlstandsschichten der elterliche Wille erkennbar ist, den Kindern Perspektiven zu eröffnen.

3. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe hat den Lebensstandard der Betroffenen drastisch reduziert und zu zunehmender Verschuldung geführt.

4. Die aufgezeigten Teilhabedefizite gefährden Stabilität und Zukunftsfähigkeit einer „Wissensgesellschaft“ und letztlich das demokratische System. Die Diskrepanzen zwischen Armut und Prekarität auf der einen Seite und Teilhabe und Reichtum auf der anderen Seite verringern sich nicht quasi „automatisch“ bei guter gesamtwirtschaftlicher Lage – das haben die letzten Jahre gezeigt. Dementsprechend sollten gezielte sozialpolitische, aber auch arbeitsmarkt- und steuerpolitische Reformen konzipiert und umgesetzt werden.

Arbeitspaket 16: Schichtspezifische Konsumniveaus und -strukturen

Im Arbeitspaket 16 „Schichtspezifische Konsumniveaus und -strukturen“ (Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung) werden Ergebnisse eines Zusatzmoduls der Verteilungsanalyse genutzt, um die in Arbeitspaket 15 nach sozioökonomischen Haushaltsgruppen aggregierten Konsumstrukturen privater Haushalte nach Einkommensklassen geschichtet auszuweisen. Neben dem scientific use file der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) 2008 sollen die mit dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) bisher nur im Jahr 2010 erhobenen Haushaltsausgaben herangezogen werden. Verglichen werden Konsumquoten und Anteile einzelner Ausgabearten an den Konsumausgaben. Darüber hinaus wird für den unteren Einkommensbereich untersucht, ob neben dem Konsum auch langlebige Gebrauchsgüter finanziert werden konnten und inwieweit neben der Befriedigung von Grundbedürfnissen auch soziale und kulturelle Teilhabe möglich ist.

  • Poster 18: Konsumteilhabe nach Wohlstandsschichten – verbreitete Defizite. [PDF]
  • Web-Tabellen Kapitel 18 [PDF]
  • Becker, Irene: Konsumteilhabe bei staatlicher Mindestsicherung vor und nach Hartz IV. soeb-Working-Paper 2015-3. [PDF]
  • Becker, Irene: Einkommen, Konsum und Sparen nach Quintilen des Haushaltsnettoeinkommens - Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008. soeb-Working-Paper 2014-2. [PDF]
  • Becker, Irene (2014): Einkommen, Vermögen und Konsum. Vortrag im Rahmen des soeb-Werkstattgesprächs "Über Teilhabe berichten" am 04./05.12.2014 in [PDF]

Kapitel 19

Zunehmende Gefährdung des Lebensstandards im Alter

Aus dem untenstehenden Arbeitspaket 14: "Einkommen, Konsum und soziale Teilhabe im Alter" ist das Kapitel "Zunehmende Gefährdung des Lebensstandards im Alter" resultiert.

Die Autoren haben durch Ihre Analysen herausgefunden, dass eine zunehmende Gefährdung des Lebensstandards im Alter besteht:

Analysen mit den Einkommens- und Verbrauchsstichproben 1998-2013 belegen, dass die Armut Älterer im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen vor allem ab dem Jahr 2003 überdurchschnittlich gestiegen ist. Dies trifft besonders auf Einpersonenhaushalte und darunter insbesondere auf Arbeitslose oder Personen zu, die vor dem 65. Lebensjahr im Ruhestand sind. Bei den beiden letztgenannten Gruppen zeigt sich auch eine zunehmende Einschränkung der Konsumteilhabe im Sinne eines gestiegenen Ausgabenanteils für Grundbedarfe und eines geringeren Spielraums bei Konsumbereichen wie Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Längsschnittuntersuchungen des Lebensstandards mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) bestätigen, dass die heutige Generation der Rentnerinnen und Rentner häufiger auf Konsumgüter aus finanziellen Gründen verzichten müssen als frühere Kohorten. Außerdem deuten die Befunde darauf hin, dass heute auch 50-65-Jährige vor dem Ruhestand materiell schlechter gestellt sind, als die Generationen vor ihnen. Für die soziale Teilhabe und Partizipation ist darüber hinaus bedeutsam, dass sich Haushalte und Personen mit unterdurchschnittlicher Ressourcenausstattung signifikant weniger häufig politisch und bürgerschaftlich engagieren. Darüber hinaus pflegen sie seltener regelmäßige Beziehungen mit Freunden und Verwandten und partizipieren nur unterdurchschnittlich am kulturellen Leben.

Arbeitspaket 14: Einkommen, Konsum und soziale Teilhabe im Alter

Arbeitspaket 14 „Einkommen, Konsum und soziale Teilhabe im Alter“ (INIFES) fragt danach, wie sich die längere Dauer der Lebensphase jenseits des 65. Lebensjahrs bei gleichzeitig zunehmender Spreizung der Alterseinkünfte auf die Konsumstruktur Älterer auswirkt. Zu erwarten ist eine Ausdifferenzierung des Teilhabemodus der älteren Bevölkerung. Es werden die Konsumprofile Älterer sowie auch ihre Aktivitätsmuster –  z. B. in Bezug auf das Wohnen und die medizinische Versorgung beobachtet, wobei auch Inanspruchnahme und Verteilungswirkung von öffentlichen Gütern zu berücksichtigen sind. Einkommensstarke Bevölkerungsgruppen in der Phase des „aktiven Seniorentums“ werden als Nachfragefaktor für bestimmte Produkte und Dienstleistungen an Bedeutung gewinnen, während gleichzeitig mit einem Anstieg der Altersarmut zu rechnen ist. Soweit wie möglich werden dabei unterschiedliche Haushaltskontexte, familiale Nahbeziehungen außerhalb des Haushalts, Chancen und ökonomische Notwendigkeit von Erwerbsbeteiligung sowie Möglichkeiten und Verbreitung ehrenamtlicher Tätigkeiten betrachtet.

Zentrale Datengrundlagen für dieses Arbeitspaket sind EVS und SOEP. Ausgehend von einer Typisierung unterschiedlicher Alterskonsumprofile soll geprüft werden, in welchem Zusammenhang materielle Ungleichheiten mit Ungleichheiten in weiteren Teilhabedimensionen steht. Die sozialen Komponenten der Teilhabe im Alter sollen mit SHARE untersucht werden. Die Nutzung von Alterssurvey, Freiwilligensurvey oder Mikrozensus wird geprüft. 

  • Poster 19: Zunehmende Gefährdung des Lebensstandards im Alter. [PDF]
  • Web-Tabellen Kapitel 19 [PDF]

Kapitel 20

Armutskonsum: Ernährungsarmut, Schulden und digitale Teilhabe

Armutskonsum schränkt gesellschaftliche Teilhabe ein und belastet die betroffenen Personen und Haushalte

Sabine Pfeiffer und Tobias Ritter

Die Autoren kommen durch ihre Analysen zu der Kernbotschaft, dass Armutskonsum gesellschaftliche Teilhabe einschränkt:

Unter den Bedingungen von Einkommensarmut zeichnet sich Armutskonsum durch eine zunehmende Einschränkung von Konsummöglichkeiten aus, betroffenen Haushalten gelingt es immer weniger, konsumvermittelt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dies zeigt sich etwa in eingeschränkten Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten bei digitalen Medien. Auch die Sicherung physiologischer Grundbedürfnisse ist gefährdet, subjektive Strategien im Umgang mit Ernährungsarmut stoßen teilweise an ihre Grenzen. Armutskonsum geht darüber hinaus häufig einher mit zunehmender Verschuldung, die im Hilfebezug kaum abzubauen ist und die betroffenen Personen und Haushalte stark belastet.

Arbeitspaket 17: Armutskonsum, Ernährungsarmut und alimentäre Teilhabe

Arbeitspaket 17 „Armutskonsum, Ernährungsarmut und alimentäre Teilhabe“ (Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF)) untersucht das gegenwärtige Vorkommen von Bedingungen für Ernährungsarmut in Deutschland. Ernährungsarmut wird hier als Einschränkung alimentärer Teilhabe bestimmt, die über existenzielle Reproduktionsbedürfnisse hinaus auch die Fähigkeit zu sozialer Teilhabe über soziale Nahbeziehungen und Aktivitäten umfasst. Ziel der Untersuchung ist die systematische Erfassung von Formen von Ernährungsarmut auf der individuellen Ebene und der Haushaltsebene sowie der sozialstrukturellen, institutionellen Bedingungen und der Erwerbs- und Haushaltskonstellationen, die Ernährungsarmut begründen (können). Erfasst werden sollen darüber hinaus Bewältigungsstrategien (Coping) und -ressourcen, über die Akteure in unterschiedlichem Maße verfügen. Dazu sind quantitative und qualitative Analysen vorgesehen.

Subjektive Deutungen sowie Bewältigungsstrategien und -perspek­tiven der Betroffenen sollen durch inhaltsanalytische Auswertungen des qualitativen Längsschnittpanels „Armutsdynamik und Arbeitsmarkt“ ermittelt und typisiert werden, dessen Nutzung auch für AP 12 vorgesehen ist. Schließlich wird über die Auswertung einschlägiger Studien die Angebotsseite von Armutskonsum – Einzelhandel und Gastronomie, „Tafeln“ etc., Schatten- und Eigenarbeit – zumindest ansatzweise in den Blick genommen. Als quantitative Datengrundlage kommen die Nationalen Verzehrstudien I und II, die Konsumitems des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) und des Panels Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS) in Betracht. Die Untersuchung soll prekäre Ernährungsmuster identifizieren und Defizite der bestehenden Datenlage kenntlich machen.

  • Poster 20: Armutskonsum: Ernährungsarmut, Schulden und digitale Teilhabe. [PDF]
  • Drosdowski, Thomas/ Stöver, Britta/ Ritter, Tobias (2016): Consumption of the poor in Germany: projecting the development until 2030 [PDF]
  • Pfeiffer, Sabine (2015): Hidden, and neglected: Food Poverty in the Global North. Paper presented on 2nd International Congress “Hidden Hunger: Hidden Hunger, Childhood Development and Long-term Prospects for Society and Economy”, 03.-06.03.2015 in Stuttgart. [PDF]
  • Pfeiffer, Sabine/ Ritter, Tobias/ Oestreicher, Elke (2014): Ernährungsarmut und alimentäre Teilhabe. Vortrag im Rahmen des soeb-Werkstattgesprächs „Konsum und Nachhaltigkeit in der Sozioökonomischen Berichterstattung“ am 02./03.06.2014 in Göttingen [PDF]

Kapitel 21

Ökologisch nachhaltiger Konsum und ungleiche Teilhabe

Ökologisch nachhaltiger Konsum bedarf der gesicherten Teilhabe

Ortrud Leßmann und Torsten Masson

Die Autoren kommen durch ihre Analysen zu der Kernbotschaft, dass ökologisch nachhaltiger Konsum der gesicherten Teilhabe bedarf: 

Ökologisch nachhaltiger Konsum ließe sich durch bessere Teilhabemöglichkeiten stärken, denn viele Menschen nehmen ihre Möglichkeiten, ökologisch nachhaltig zu konsumieren, als zu beschränkt wahr, um in Einklang mit ihren Einstellungen zu handeln. Wer sich der eigenen Teilhabe nicht sicher ist, zum Beispiel wegen eines instabilen Erwerbsverlaufs, dem fällt es schwer, die Bedürfnisse zukünftiger Generationen beim eigenen Konsum zu berücksichtigen.

Arbeitspaket 18: Ökologisch nachhaltiger Konsum und Verwirklichungschancen

Das Arbeitspaket 18 „Ökologisch nachhaltiger Konsum und Verwirklichungschancen“ (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg [HSU]) erfüllt für die thematische Erweiterung des sozioökonomischen Berichtsansatzes sowohl eine konzeptionelle wie eine empirische Funktion. Konsum soll in sozioökonomischer Perspektive als Konsumhandeln verstanden werden. Das Konzept nachhaltigen Konsums soll mehrdimensional definiert und operationalisiert werden. Dabei ist zu klären, wie das Konzept der Verwirklichungschancen zur Analyse von Handlungsspielräumen ökologisch nachhaltigen Verhaltens genutzt werden kann.

Der empirische Teil konzentriert sich auf den Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit und untersucht Zusammenhänge zwischen Motivationen zu umweltschonendem Verhalten, der ungleichen Verteilung materieller Ressourcen sowie tatsächlich realisierten umweltschonenden Konsummustern. Exemplarisch werden dabei Mobilitätsverhalten und umweltschonendes Konsumhandeln betrachtet. Die für das gleichfalls vom BMBF geförderte Projekt GeNECA erhobenen Daten der SOEP-Innovationsstichprobe ermöglichen eine Analyse der individuellen Möglichkeiten ökologisch nachhaltigen Konsums und deren ungleicher Verteilung sowie der Bedeutung von Umweltdiskursen für bewusste Differenzierungen alltäglicher Lebensführung.

  • Poster 21: Ökologisch nachhaltiger Konsum und ungleiche Teilhabe. [PDF]
  • Web-Tabellen Kapitel 21 [PDF]
  • Web-Abbildung Kapitel 21 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud/ Bartelheimer, Peter (2015): Inequality of What? Socioeconomic Reporting and Capability, Participation and Precariousness. Vortrag auf der Mini-Conference “Inequality of What? Social Monitoring and the Difficult Choice of Analytical Concepts and an Implementable Metric” im Rahmen der 27th annual meeting of the Society for the Advancement of Socio-Economics (SASE) “Inequality in the 21st Century” vom 02.-04.07.2015 in London [PDF]
  • Leßmann, Ortrud (2015): Perspectives on Sustainable Consumption: Introduction. Vortrag beim Workshop am IUC Dubrovnik vom 20.-24.04.2015 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud: Das soeb-Teilhabekonzept im Verhältnis zu Ansätzen der Lebensqualitätsforschung: 5 Thesen. Vortrag auf dem zweiten soeb-Werkstattgespräch "Über Teilhabe berichten" am 04./05.12.2014 in Göttingen. [PDF]
  • Leßmann, Ortrud (2014): Ungleichheit und nachhaltiger Konsum: Modell auf der Grundlage des Capability Ansatzes und empirische Analyse. Vortrag im Forschungsseminar des ifz (internationales Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen) in Salzburg, am 20.11.2014 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud/ Masson, Torsten (2014): Inequality and Sustainable Consumption in Capability Perspective. Vortrag auf der International Conference for Consumer Research (ICCR) am 30.09.2014 in Bonn [PDF]
  • Leßmann, Ortrud/ Masson, Torsten (2014): Inequality and Sustainable Consumption in Capability Perspective. Vortrag auf der Tagung International Society for Quality of Life Studies (ISQOLS) conference in Berlin, 16.09.2014 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud/ Masson, Torsten (2014): Inequality and Sustainable Consumption in Capability Perspective. Vortrag auf der Tagung Human Development and Capability Association (HDCA) conference in Athen am 03.09.2014 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud/ Masson, Torsten (2014): Ökologisch nachhaltiger Konsum: eine empirische Analyse auf der Grundlage des Capability Ansatzes. Vortrag im Rahmen des soeb-Werkstattgesprächs „Konsum und Nachhaltigkeit in der Sozioökonomischen Berichterstattung“ am 02./03.06.2014 in Göttingen [PDF]
  • Leßmann, Ortrud (2015): Das soeb-Teilhabekonzept. Vortrag in der internen Werkstatt des Instituts für Personal und Arbeit an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, am 14.04.2014 [PDF]
  • Leßmann, Ortrud (2014): Was taugt der Capability Ansatz in der Messung des Lebensstandards? Vortrag beim Zentrum für Zukunftsfragen (ZfZ) in Salzburg am 21.01.2014 [PDF]